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Möllemann und Butt-head Teil 1 : 2
 

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     Die Idee ist großartig und gewagt. Die renommiertesten Pop-Schreiber aus den USA, England und der Bundesrepublik bündeln mit Rückendeckung der meinungsführenden Politpublikation Deutschlands die zerfaserte Auseinandersetzung um Moral, Politik und Popkultur - diskursives Lieblingskind der Mittdreißiger und daher demnächst Talkshow-Thema - erstellen ein Kompendium des modernen Lebens und Denkens, weisen die sozialen und ästhetischen Interaktionen von Musik und Gesellschaft nach, übersetzen das Diskurs-Latein der Sektiererblättchen in eine öffentlichkeitsrelevante Sprache und schaffen zum guten Schluß eine Plattform, von der aus auch eine Bundesfamilienministerin Angela Merkel ganz gut überblicken kann, warum wer wann mit wem und die erste Velvet-Underground-LP direktemang zum Fall des Eisernen Vorhangs geführt hat.
     Exkurs: was gar nicht wünschenswert wäre, das mit Frau Merkel. Popjournalismus hat immer gut daran getan, nur halbe Wahrheiten zu sagen und ganze Lügen zu verbreiten. In einer eigenen Sprache. The Man ist nie dein Freund und Mr. Jones soll besser nicht wissen, was gleich passiert.
     Das größte Mißverständnis im "Spiegel Spezial: Pop & Politik" zeigt sich bereits auf dem Titelblatt. Es ist eben weder Pop, noch politisch, wenn Bill Clinton Saxophon bläst. Politisch wäre es, wenn Hilary Clinton Zensur Zensur Zensur. Dieses Blasen würde Fragen stellen, statt Antworten zu geben. Aber ich darf es hier nicht schreiben, weil das Feuilleton nicht Pop ist. Und der Spiegel darf es nicht collagieren, weil der Spiegel nicht Pop ist.
     So bläst Bill Clinton also Saxophon und nichts passiert. So sind dann auch die Beiträge. Komplette Themaverfehlungen wie das schweinchenschlaue Interview mit prähistorischen Figuren wie Astrid Kirchherr oder der - zugegeben nette - Auszug aus einem Roman von Christian Kracht. Die Schlauberger aus den USA und Great Britain haben eigene Artikel vom letzten Jahr sekundärverwertet (Greil Marcus, Tony Parsons. Merken die blöden Nazi-Enkel eh nicht), andere werben für ihre demnächst erscheinenden (Ice-T, Hunter S. Thompson) oder kürzlich erschienenen Bücher (Andrian Kreye, Nik Cohn: wenn der noch einmal Broadway sagt, krieg' ich einen Anfall!).

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