Ike Turner war nie einer gewesen, der sich als Künstler, als musikalisches Originalgenie verstanden hat. Ike Turner war ein Hustler. Und diese Fähigkeit spielte er jetzt voll aus. Er selbst stilisierte sich als widerlichen Zuhälter im Hintergrund, der vorne ein Sextier toben ließ, ab 1963 gesellte er noch ein GoGo-Girl-Trio, die Ikettes dazu. 1962 wurde die erste LP von Tina vollgeschrien, die bei den Aufnahmen im neunten Monat schwanger war mit einem der vier Kinder, die sie zusammen mit Ike hat. Dazu analysierte Ike den weißen Teenagermarkt, schaltete Anzeigen, entwarf Flugblätter, Aufkleber und Anstecker. Einige mittlere Hits waren der Lohn. Aber parallel zur Ike & Tina Turner Revue nahm Ike immer noch Blues Sessions auf, so auch 1964 für die Biharis. Einmal sang sogar Tina.
     Internationale Aufmerksamkeit: 1964 konnte Ike es noch ablehnen, mit den kaum bekannten Rolling Stones auf Tournee zu gehen. Aber im Grunde kam Ike Turners Crossover zu früh. Die britischen Bands hatten den amerikanischen Markt noch nicht genügend weichgeklopft f�r schwarze Stars; die Songs wurden einfach nicht im Radio gespielt. Als das 1966 von Phil Spector produzierte RIVER DEEP MOUNTAIN HIGH in England wochenlang Nummer 1 war, in Amerika aber kaum Interesse fand, hatte Ike die Lektion endlich kapiert. Und als 1969 die Stones ein zweites Mal fragten, ob das damals für den Popmarkt schon reichlich alte Ehepaar mit auf Tour gehe, griff Ike zu und stahl den Stones die Schau.
     Danach regnete es Gold. Ike nahm mit, was kam: Las Vegas oder das Fillmore East, egal. Jede Tournee wurde mit noch mehr Sex aufgemotzt und genüßlich ließ Ike in die Zeitungen setzen, daß aus seinem 100 000 $ Haus in Los Angeles Pelze im Wert von 80 000 $ gestohlen worden waren. 1972 hagelte es Zuschauerproteste über die unzüchtigen Schwarzen im ZDF und 1973 durften Ike und Tina wegen moralischer Bedenken nicht im Münchner Kongreß-Saal auftreten. Doch irgendwann geriet Ike Turners Kokain-Abhängigkeit außer Kontrolle. Tina war es zudem satt, dauernd von ihm verprügelt zu werden und zog 1976 aus. Die letzten Aufnahmen als Ike & Tina Turner sind wunderlicher Porno-Trash mit komischen Synthesizer-Effekten, 1987 veröffentlicht in der Collector's Series. 1978 folgte die Scheidung. Tina tingelte durch europäische Clubs und Hotels in Las Vegas; Ike trat vor zweihundert Leuten in New York auf. Mitte der achtziger Jahre eroberte Tina mit Mainstream-Gebrüll die Hitparaden. Für Ike gab es keine zweite Chance mehr. Entziehungskuren, Verhaftungen wegen Drogenhandel, Bestechungsversuche, versuchter Totschlag - letzte Schlagzeile vom 19. Februar 1990: "Ike Turner, Soul-Sänger und Ex-Mann der erfolgreichen Tina, ist aufgrund von Drogenvergehen zu vier Jahren Gefängnis verurteilt worden." In besseren Tagen eröffnete er seine Show mit dem Instrumental PRANCIN'. Heute ist es der Schluß des Pop Alphabets über Ike Turner. Menschen mit Herz mögen sich von ihren Plätzen erheben.

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Ausgewählte Diskographie

Ike & Tina Turner
FIVE LONG YEARS

Ike & Tina Turner
RIVER DEEP MOUNTAIN HIGH

Icky Renrut
PRANCIN'