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Piloten bei der Wortentsorgung (Fortsetzung) Teil 1 : 2 : 3
 

     Langweiliger Fakt bleibt, daß die Geschichte der deutschen Popmusik stolz auf ein paar Minuten Amon Düül II und ein paar LPs von Can verweisen kann, auf eine Handvoll überaus talentierter Elektronik-Pfriemler wie Neu oder Harmonia: aber der Rest aus den Produktionsjahrgängen vor 1978 war indiskutabler Bockmist. Und selbst wenn dieser braune Baatz in Analogie zu einem frühen Text der anarchisch an Herkunftsfragen genauso desinteressierten wie interessierten Rockgruppe Sparifankal jetzt kunterbunt verpackt wird: Das Verfallsdatum hatten all die Eloys und Wallensteins und Schulzes bereits am Tage ihrer Erstveröffentlichung überschritten gehabt, sonst hätte ein Joachim Witt zu Beginn der kurzen Glanzzeit der Neuen Deutschen Welle nicht fluchtartig von den Neil-Young-Nachspielern Düsenberg auf den Goldenen Reiter gewechselt, sonst wäre diese ganze Neue Deutsche Welle weder möglich noch nötig gewesen.
     Nun sind Verlogenheit, Hysterie und ein schlechtes Gedächtnis durchaus auch positiv bewertbare Elemente des Geschäfts mit der populären Musik, aber jetzt bedient sich bescheuerterweise auch noch der für eine andere Art Verlogenheit und Hysterie zuständige hiesige Literaturbetrieb des Wortes "Pop": Im Vorjahr ging der Rowohlt-Verlag voran, holte sich mit Andreas Neumeister einen glaubwürdigen und engagierten Herausgeber und schenkte der Welt "Poetry! Slam! Texte der Pop-Fraktion" und, als Sekundärliteratur gleich mitgeliefert, "Pop, Technik, Poesie - Die nächste Generation", für den ich freundlich gebeten wurde, alle kritischen und polemischen Bemerkungen aus meinem Beitrag über Literatur-Slam-Veranstaltungen zu streichen, da man ja nicht gegen das eigene Produkt wirken wolle.
     Schon "Poetry! Slam!" erweckte den Eindruck, als versuche da ein Verlag, einerseits einen möglichen Trend nicht zu verschlafen, andererseits aber eine papierene Heimstatt für Autoren zu suchen, deren Hervorbringungen so grottenschlecht sind, daß sie ohne den Stempel "Pop" nun gleich gar keine Parkbank finden würden, auf der man als verkanntes Literaturgenie überwintern kann.
     Mit dem jetzt als "Trash-Piloten" erschienen Pendant des Reclam-Verlags zur progressiven Produktpolitik der Kollegen von Rowohlt ist es nun endgültig an der Zeit, das Wort "Pop" vor diesen Schändern des literarischen Nachwuchses in Schutz zu nehmen. Ebenso unerträglich wie es ist, auf einem Pop-Sampler (Musik) die oft verwegenen Arrangements eines Peter Thomas neben das ästhetische Vakuum eines James Last zu platzieren und dadurch Gleichwertigkeit zu unterstellen, ebenso frech ist es, in einer Designerbuch-Ödnis wie "Poetry! Slam!" zwischen Konsens-Kasperln wie Franzobel oder hier nichtgenannten Dilettanten die wenigen Hardcore-Schreiber wie Dobler, Meinecke, Palzer, Kamerun zu verstecken, die Deutschland überhaupt zu bieten hat.

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