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"Yankee goes home" Teil 1 : 2 : 3 : 4 : 5 : 6
Abteilung 18, in der aus internationalistischen Gründen ein deutscher Sonderweg bejaht wird  
  Kraftwerk sind für die neunziger Jahre, was The Velvet Underground für die achtziger waren: Referenzpunkt, Blaupause. Schon der Name der Gruppe und ihre LP- und Songtitel signalisieren Modernität: 'Computerliebe', 'Autobahn' und ganz besonders 'Techno Pop'. Aber hat man sich auf dieses Spiel mit dem Überbau erst einmal eingelassen, hat man schon verloren. Kraftwerk sind das genaue Gegenteil von dem, was ihre computergestützte Modernität signalisieren will. Neben Africa Bambaataa und Kevin Saunderson haben sie auch Guildo Horn zu verantworten, geht eine gerade Linie von den schmusigen Elektronik-Anfängen zum Münchener Union Move 1998, wo Schlagerplatten den größten Applaus einbrachten. Das Geheimnis - im Guten wie im Schlechten - liegt in der Naivität der Kraftwerk-Musikanten, die trotz des ganzen Science-fiction-Klimbims, den sie zur Mythologisierung ihrer Musik verwendeten, nicht in der Lage waren, einen klitzekleinen Blick in die Zukunft zu werfen, sondern immer nur die eigene Gegenwart für Ziel und Endpunkt der Entwicklung hielten. Besonders deutlich macht das 'Computerwelt', auf der Computer mit verzerrten Telefonstimmen knarzen, in den Texten zum Zeitvertreib die "Zukunft programmiert" wird und jemand den Bildschirmtext aufruft: Oooops, wrong planet! Illustriert wird dieses un-digitale Raunen durch einen rührenden Computer-Ausdruck, der damals der Original-LP beilag: Da wurden von der Plattenfirma EMI stolz die Gesichter der vier Musiker mittels Sonderzeichen auf gestreiftes Endlospapier gedruckt, Computer-Chic im Aufbruch - kaum zwanzig Jahre später fremd und archaisch wie der Gebrauch eines Faustkeils. Dennoch lassen wir Kraftwerk auch in unserer nach Perfektion strebenden Plattensammlung bleepen und fiepen und ziepen - aber nicht als Signum der Moderne, sondern als unsere besondere Schlagerplatte, die wir auflegen, wenn uns ein nicht ganz lieber Gast ständig von lustigen Partys erzählt, auf denen 'Marmor, Stein und Eisen bricht' läuft und VIVA-Moderator Stefan Raab als cool durchgeht.

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KRAFTWERK
'Computerwelt' (1981)

 

 

 

 

 

 

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